Davor... und nicht einfach so

Einfach so war sie nicht da. Einfach so hatte sie nicht die Stabilität aus meinem Leben geraubt. Einfach so hatte sie nicht das Zepter meines Lebens in die Hand genommen. Einfach so war sie nicht der Dieb meiner persönlichen Freiheit geworden. 

 

Wenn ich darüber nachdenke, gab es diese Vorboten. Schon als Kind war ich ängstlich. Niemals kletterte ich ohne ein mulmiges Gefühl ihn die Höhe. Viele Male "brach" ich ab, weil mich etwas lähmte. Von einem Drei-Meter-Brett bin ich nicht gesprungen. Ich habe ein paar Mal oben auf dem Brett gestanden und bewundert wie Klassenkameraden voller Spaß einen Sprung nach dem anderen machten. Ich stand zitternd daneben und schämte mich, weil ich schwach war. So dachte ich. Ich war schwächer. Angst war schon immer ein Thema. Nur sie war so unbedeutend, dass mich diese kleinen Misserfolge im Alltag nicht wirklich störten. Es gab sie, aber sie waren schnell vergessen. 

 

Mit ca. 14 Jahren erfuhr ich zum ersten Mal Gefühle, die ich nicht einsortieren konnte. Ich fühlte mich "komisch" ohne es treffend formulieren zu können. Es war etwas,  was zwischen "Ich bin nicht ganz fit" und "Ich bin krank" einzog. Anfangs waren es Momente. Wie dunkle Wolken zogen sie heran. Ich empfing sie, in dem ich sie ignorierte. Natürlich gelang es nicht wirklich. Ich hielt es aber aus. Emotionen können überwältigend sein. Als ein sehr kontrollierter Mensch war ich von ihrer Macht beeindruckt. Die Hoffnung, dass sie wieder verstummen werden trug mich weiter. Welche Wahl hätte ich auch gehabt? 

 

Hartnäckig zogen diese Emotionen mit viel Gepäck ein. Befindlichkeitsstörungen, die nicht einzuordnen waren,  gleich mit. Manchmal sah ich komisch. Manchmal war ich ausgelaugt und müde. Manchmal war ich unruhig und rastlos. Manchmal war mir alles zu viel - andere Male war jeder Tag zu leer. Einige Male gelang es mir nur schwer mich zu konzentrieren.  Geht es jedem Teenager so? 

 

Permanent hatte ich mich unter Druck gesetzt. In der Schule wollte ich ein Überflieger sein, hübsch wollte ich ausschauen, viel dünner werden, klüger sein als die anderen und eines Tages erfolgreich werden. Wer ich wirklich war, verlor ich aus den Augen. Die Jagd hatte begonnen und ich mich selbst als Mensch verloren. Schwächen waren inakzeptabel und wenn ich sie spürte, wollte ich sie nicht wahrnehmen. Ich selbst tötete die Emotionen in jedem Gefecht. Mit diesen vielen Kämpfen wurde ich zur Schöpferin meiner Panikattacken.