Wer steht im Weg?

Wer steht im Weg...?

 

An diesen Punkt kommen sehr viele Betroffene. Irgendwann, nach Monaten, vielmehr Jahren. Meist ist die Diagnose schon lange klar, oft liegen viele Therapie-(Versuche) hinter ihnen. Manchmal haben sie ihnen einige Atempausen geben können, Zuversicht hatte auf die Schulter geklopft. Manchmal war es etwas besser. Weg war sie allerdings nicht, diese Angst. Irgendwo im Gepäck war sie stets versteckt. Zwar stumm, aber leise pochend. Und dann ruft sie wieder lauter. Einfach so. Der Betroffene versteht es meist nicht. "Ich habe doch eine Therapie gemacht" - oder "Ich weiß doch, dass es nur Angst ist". Er ist sich sogar sicher, dass er alles über diese Störung weiß. Eigentlich müsse er sich nur zusammenreißen. Es gilt für ihn nur noch die Angst auszuhalten. In der Therapie wurde doch erklärt, dass es mit jedem Male besser wird. Je häufiger er sich seiner Angst stellt und je weniger er die Füße in die Hand nimmt. Und doch steht sie im Weg. Diese Angst..

 

Warum?

 

Natürlich ist die Angst auch ein heftiger Fürsprecher keine weiteren Therapiewege einzuschlagen. Manche Betroffene sitzen irgendwann in einem Bad voller Selbstmitleid und Frust. Sie geben sich auf, finden sich mit der Angst ab. Zugegeben es ist auch sehr mühevoll sich die eigenen Angststörung ansehen zu wollen - auch aus einem anderen Blickwinkel. Die Angst gibt ja auch an, wann er das Grenzgebiet verlässt. Im Kopf wurden Grenzen gesetzt, was möglich ist, was nicht. Das ist allerdings eine Illusion, denn diese Grenzen sind lediglich die Grenzen der Angst. Der Betroffene ist aber überzeugt, dass diese Grenzen real sind. Ich verstehe auch den Frust, die Selbstaufgabe. Schließlich kenne ich diesen Prozess auch und erinnere mich an diese Phase(n) sehr gut.  Es ist eine schreckliche Phase. Sie stellt sich jeder Handlungsfähigkeit im Weg und der Kopf steckt voller Sehnsucht und Träume: "Ach, könnte ich doch wieder ohne Angst sein. Die anderen haben es gut. Sie können sich nicht vorstellen, wie schlimm es ist, was mir widerfahren ist!". Trotzig, motzig wird man zu sich und zu den anderen. Das Badewasser des Selbstmitleids ist eingegossen. Heute, so beobachte ich es, flüchten sich viele im Internet auf einschlägige Seiten, die eine "komplette Heilung der Angst" in wenigen Tagen und oftmals Hunderten von Euros versprechen. Das liest sich so einfach und vermittelt auch ein gutes Gefühl: Ich mache ja etwas! Ich informiere mich!". Ich buche die Tour: Online-Therapie. 

 

Dabei bleibt es oft. Voran geht es selten. Was aber noch schlimmer ist. Es führt zu weiteren Frust.

 

Natürlich bin ich nicht allwissend und vermutlich kann der eine oder andere Weg auch für den einen oder anderen Betroffenen richtig sein, aber eine vor allem langjährige Angststörung ist eine sehr tiefe "Störung", die einen sehr intensiven Weg benötigt. Es reicht nicht aus sich das Wissen über die Angststörung anzueignen oder mit dem Wunsch im Kopf zu leben: Eines Tages werde ich die Angst besser aushalten oder eines Tages wache ich auf und es geht mir gut. Das wird vermutlich nicht passieren. 

 

Ich möchte jedem Betroffenen Mut machen. Sucht Euch Hilfe! Findet Euch nicht damit ab, dass die Angst Euer Begleiter ist. Das muss sie nicht sein. Bleibt aber auch realistisch. Eine Angststörung ist eine legitime psychiatrische Notsituation, die unbedingt in fachlich kompetente Hände gehört. Diese zwanghafte "Denkstörung", die immer wieder und unermüdlich mit großer Spitzfindigkeit neue Angst schafft, ist sehr selten eigenmächtig zu lösen. Zu versteckt steckt sie in dem Betroffenen. Bücher können Euch die Augen öffnen, aber auch sie sind in der Regel kein Therapie-Ersatz. "Angst" ist auch ein Symptom von verschiedenen psychischen Störungen. Selbstdiagnosen sind daher selten klug. Es lohnt sich auch zu suchen. Wenn Du Dich nicht richtig von dem ersten Hausarzt, Facharzt, Psychologen oder Therapeuten verstanden fühlst, dann suche einen zweiten, dritten oder vierten auf. Es ist nicht schlimm. Irgendwann spürst Du, dass Du richtig bist. 

 

Es ist auf jeden Fall wichtig sich niemals aufzugeben. "NO WAY" ist garantiert der falsche Weg!