Die Sache mit dem Glauben

Was macht eine Angststörung aus? Wann ist eine Angststörung eine Angststörung? Beginnt die Angststörung, weil der Betroffene etwas Angst oder besser noch vor etwas Angst hat? Angst vor Spinnen, vor Höhe, vor der vollen U-Bahn, der Autobahn oder auch vor anderen Menschen? Ziehen die Gedanken im Kopf plötzlich absurde Grenzen im Kopf, was noch machbar ist und was nicht? Spinnen die Gefühle total? Lähmt sie die Freiheit? -  Haben wir nicht alle Angst? 

 

Sind es nicht genau die Situationen, bei denen allein Gedanken schon die Hände schweißnass werden lassen? Der Puls zu jagen beginnt, die Sicht der Augen verschwimmt und alles nur noch mit großer Mühe oder gar nicht mehr zu bewältigen ist? Wenn alles im Menschen flüstert: Flucht nach vorne oder besser noch Kommando zurück und ein mögliches Drama ein Nächstes jagt? Alles was passieren könnte? Jedes schlimmste Szenario? Wenn das Blaulicht durch Deine Adern jagt, die Beine nicht mehr halten wollen, die Augen nicht mehr sehen können? - Wenn der Atem stockt und ein Zustand in Dir schreit: Weg - nur noch hier weg!? - Das ist alles Stress. Herzlich Willkommen im Land der Symptome! - Diese Symptome sind echt. Sie sind nicht nur Worte oder Erklärungen. Sie sind da. Jetzt! Hier! Das ist jetzt Angst und Panik! Stress!  Und jeder der Dir in diesem Moment erklären will, dass alles ALLES nur einfach unwichtig ist und nur Angst sei, stammt von einem anderen Planeten als Du. 

 

Wegen diesem Zustand, greift eine Konfrontations-Therapie (oft im Eigenversuch) nicht. So lange dieses Karussell dieser Katastrophen-Gedanken in dem Menschen herrschen und das Verhalten bestimmen, schafft es niemand sich dieser Macht zu entziehen. Hat es sich einmal so manifestiert, ist es schwer diesem Kreislauf Einhalt zu bieten. Der Betroffene kann sein Denken nicht einfach "gerade rücken". Dieser Automatismus sitzt so felsenfest tief. Es scheint so, als würde der Mensch die Farbe "Blau" anstarren und er solle sich fortan einfach sagen, dass er ab heute diese als "Weiß" sehen und auch so definieren sollte. Er würde sie dennoch weiter nur als "Blau" ansehen können, denn für ihn ist sie auch Blau. Sich zu sagen, dass Blau ist nun Weiß reicht einfach nicht aus. Ähnlich läuft es auch mit der Angst ab. Nur weil der Betroffene denken soll, dass alles harmlos sei, was in ihm vorgeht und ihm nichts passiert, ist er nicht einfach so in de Lage diese veränderte Denkweise anzuwenden und auch, was sehr wichtig ist, zu fühlen! Oft ein ganz wichtiger Punkt, der auch in einer Therapie ausgiebig erörtert werden sollte. 

 

Sehr viele Menschen unterschätzen die Tiefe einer Angststörung und von Herzen würde ich mir wünschen, dass in Deutschland (wo so viel reglementiert wird) auch angebotene Therapien überwacht werden. Schnell können sich Menschen Coach, Berater o.ä. nennen und in manchen Fällen ist das in meinen Augen grob fahrlässig. Eine Angststörung ist eine legitime psychiatrische Notsituation, die sich nicht durch kluge Worte (auch nicht meine), oder Online-Challenges o.ä. auflösen lässt. Die Angststörung kann u.U. so zwanghaft ablaufen, dass es einen Fachmann erfordert dem Einhalt bieten zu können. Sie ist auch keine Sache von Selbst-Disziplin. Das ein Angst-Betroffener oftmals große Disziplin besitzt, erklärt schon die Tatsache, dass er jeden Tag unermüdlich mit seiner Gewerkschaft gegen diesen Feind im Kopf angeht. 

 

Betroffene fühlen sich häufig hilflos, im Stich gelassen, verzweifelt und greifen nach jedem Strohhalm. Letztendlich wieder "Angstfrei" wird der Betroffene nur über die Konfrontation. Allerdings wird diese erst zum Erfolg führen, wenn der Betroffene verstanden hat, dass er, wenn die Symptome übermächtig werden, ganz bewusst stehenbleibt und sich diesen Moment anschauen möchte. Beispiel: Der Mensch steht an einer Kreuzung und alles signalisiert ihm bloß jetzt nicht mehr weiterzugehen. Die Symptome sind alle da. Schwindel, ein möglicher Herzinfarkt, Ohnmacht, Kontrollverlust oder gar der sofortige Tod, . Er schafft es aber dennoch in diesem Moment sich z.B. folgende Fragen zu formulieren: " Werde ich gerade ohnmächtig? Kippe ich um? Bin ich im Moment tatsächlich in Lebensgefahr? Denke ich nicht gerade nur an Möglichkeiten (die passieren könnten)`? Ist es nicht nur Zukunftsmelodie? Was sehe ich um mich herum? Was passiert tatsächlich - genau in diesem Moment? Bin ich bereit jedem Moment zu begegnen? Ihn mir nicht vorweg zu denken? Auch wenn es ein Risiko bedeutet? 

 

Eigentlich stehe ich ja gerade hier! Fest auf meinen Beinen! Dem Körper geht es auch gut! Egal was passieren wird. Ich kann es doch nicht wissen. Es verbleiben nur Spekulationen! Es sind nur Spekulationen! Dramen! Nichts, was wirklich und wahrhaftig in diesem Moment passiert. Ich stoppe jetzt dieses Denken und lasse mich "neu" auf diese Situation ein. Ich will es. Ich will erfahren und auch sehen, was tatsächlich passieren wird. Ich will mich nicht länger damit beschäftigen, was passieren könnte!

 

Wenn der Betroffene es schafft dieses oder ein ähnliches Denken aufzubauen (dazu braucht es meiner Meinung nach unbedingt eine Therapie) dann geht er mit einem anderen Blick in diese Situationen, die ihm Sorge bereiten. Der Kopf verhält sich wie eine "gelöschte Festplatte", auf der neue Daten geschrieben werden. Die alten gibt es nicht mehr. Sie sind nicht mehr von Wert. In diesem Falle ist jede Konfrontation ein neues Erlebnis. 

 

Eine Angststörung kommt oft in das Leben eines Menschen, wenn ihn etwas überfordert hatte, wenn Emotionen aus unterschiedlichen Gründen nicht verarbeitet werden konnten. Etwas im Leben einfach "Over the Top" gewesen ist. Irgendwann staut es sich und wie ein Vulkanausbruch passiert die Panikattacke. Aus einer Panikattacke kann sich eine Angststörung entwickeln. Irgendwann ist die Angst vordergründig und hat auch nicht mehr wirklich etwas mit den Gründen zu tun, warum sie entstanden ist. 

 

Der "Kopf" sollte verstehen, dass er sicher nicht durch sein "Aufpassen" etwas verhindern könnte, was eh passieren wird. Das funktioniert nicht. Wenn Du ohnmächtig werden würdest, wirst Du es. Egal ob Du aufgepasst hast oder nicht. Das liegt nicht in Deiner Macht. Es geht doch uns allen Menschen so. Da gibt es keinerlei Ausnahme. Wir alle leben das RISIKO Leben. Du kannst Dich also ständig abmühen, warten, erwarten und darauf schauen, was alles (theoretisch) passieren könnte oder Du lebst einfach. Du hast die Wahl. - Das Muster kannst wirklich nur DU allein durchbrechen. Alle anderen Versuche (mit der Angst als Freund oder Feind zu leben, Strategien zu entwickeln mit ihr zu leben) können zwar ein wenig Linderung bringen, aber dennoch wird man so die Angst weiter mitschleppen durch sein Leben - als treuer ständiger Begleiter. 

 

 

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