Anleitungen sind ...

Es gibt unzählige Anleitungen, Programme, Techniken… Sie werden fast täglich neu erfunden, mit neuen Begriffen geschmückt und versprechen viel. Aber halten sie das auch?

 

Was habe ich nicht alles in den Jahren gesucht, unternommen und entdeckt. Zugegeben war ich natürlich im Nachteil, denn bei mir gab es noch keine virtuelle "Helpline" oder "Google-Pfade", die stetig neue Informationen preisgeben würden, welches "Rezept" gegen Panikattacken endlich helfen wird. Das Internet war damals noch ein ungeborenes Kind. 

 

Es gibt unzählige "Programme", "Techniken" oder auch "Anleitungen". Viele rasen ehrgeizig und scheinbar niemals ermüdend von einem "Pfad" zum anderen. Jedes "Novum" in der großen Welt der Agoraphobie und Panikattacken wird von den oftmals langjährigen Anhängern "ge-hpyed" oder als "Tipp" weitergegeben. Dabei treten dennoch sehr viele weiter auf der Stelle. Es ist jedes Mal ein grausames Spiel mit Hoffnung und Leid. Bei manchen Menschen geht es auch um die Existenz, denn manche "neue Therapien" erfordern einen tiefen Griff in den Geldbeutet. Mit der "Psyche" wird gut verdient. Ich muss zugeben, dass auch ich damals so einigen "komischen Wegen" gefolgt war, die ich aus Verzweiflung auf den "medialen" Pfaden gefunden hatte. Da wurde schon einmal ein Bericht im TV gezeigt oder in einer "Frauenzeitschrift" über Panikattacken berichtet. Oft gab es "Erfolgsfälle", bei denen gleich die Adresse stand, an die man sich wenden konnte, um auch zum Held zu werden. Einige Male bin ich bei skurrilen Menschen gelandet. Meine Eltern haben eine Summe dafür bezahlt, für diese man sich einen nagelneuen, mittelklassigen PKW hätte kaufen können und dennoch saß ich immer wieder danach tief betroffen und enttäuscht in den vier Wänden und starrte verzweifelt aus dem Fenster. "Wieder nicht geklappt", war das Fazit gewesen. Der "Erdstrahlenjäger", die "Blutuntersuchungen auf Giftstoffe", die Homöopathischen Mittel, das "Denkprogramm", die Spezial-Ernährung … ich könnte tatsächlich Bände scheiben. Immer wieder lief ich los und prallte gegen die Wand. 

 

Tatsächlich weiß ich nicht, ob irgendein Betroffener schon einmal aus einem dieser "ungewöhnlichen" Programme geheilt werden konnte. Manchmal geht es eine Zeit recht gut - manchmal trägt die Hoffnung und die Euphorie den Angstpatienten fast an die Ziellinie. Aber können wir das? Können wir unseren Geist belügen? Machen wir das nicht, wenn wir durch "Techniken" denken wir wären der Held über unsere Gedanken und Gefühle? Sind wir in der Lage uns zu widersetzen, wenn die Gedanken ständig in der Zukunft hängen und wie ein Dauer-Check-up den Körper im Auge behalten, wenn sich der Blick nicht mehr der Realität zuwenden kann? 

 

Gibt es tatsächlich Mittel, die diese quälende Angst vor der Angst eindämmen? Zähle ich bis zehn - wenn es kribbelt. Schiebe ich positive Gedanken vor dem Gedanken-Inferno? Sage ich laut Stopp oder werfe die blauen Pillen ein?  - Ich wünsche es jedem, der es - egal auf welchem Weg -  schafft. Aber bei mir hatte das alles nicht geklappt. Auch ich war zwischendurch immer wieder voller großer Hoffnung und mit grandiosen Ehrgeiz in jede neue Idee, die mich von der Agoraphobie versprach zu befreien, gestartet. Manchmal gab es Funken von Besserung, aber die Angst in mir war geblieben. Irgendwo war sie immer noch am Flackern gewesen.  Und sie kam auch ganz schnell wieder. Sie pochte ganz sanft wieder an und wurde stets ganz schnell wieder lauter. Du musst schon sehr hart sein, wenn Du diese Torturen erträgst - und Menschen mit einer Agoraphobie können verdammt "tough" sein. Sie wissen nur nicht, dass sie es sind. Sie können es selbst nicht mehr sehen. Viele Ex-Betroffene haben sehr viel durch ihre Störung gelernt und können das zum Vorteil für das weitere Leben nutzen. 

 

Ich bin mir sicher, dass es nicht nur diese eine Behandlung gibt, die greift, aber ich bin mehr als überzeugt davon, dass jede "Besserung" und auch "Heilung" einer Angststörung ganz tief in dem Betroffenen startet. Irgendwann - und das hat sehr viel mit Fühlen und Verstehen zu tun - weniger mit Techniken oder bestimmten Pillen. So versteht der Betroffene die "Mathematik" einer Angst- und Panikstörung vermutlich eines Tages aus ganz unterschiedlichen Beweggründen. So lange die Angst vor der Panikattacke bleibt, liegen immer wieder Felsstücke im Alltag herum und rauben die Freiheit zu leben. So lange der Verstand noch nicht erkannt hat, dass die Gedanken in einer möglichen, dramatischen Zukunft festhängen, wird es nicht besser werden können. So lange sich das Gehirn Grenzen setzt: "Das kann ich dort nicht und jenes schaffe ich hier nicht", wird das nichts werden. Es sitzt in Dir - und Du musst es Dir holen, Dein Leben. Von alleine wird es nicht kommen. Da kannst Du lange warten. Es gibt keine Taste, keine Anleitungen, die Dir das alles abnimmt. Aber wenn Du es wagst nicht mehr in Grenzen zu denken, wirst Du frei werden. Die Angst wird von Dir abfallen. Denn wenn Du Dir keine Gedanken und Sorgen mehr machst, was alles passieren könnte, kann keine Angst entstehen. Sie braucht dieses "Prognosen-Futter" von Dir. Und wenn Du ganz ehrlich bist: Kennst Du die Zukunft? Weißt Du was in fünf Minuten passieren wird`?  - Warte einfach ab und schau es Dir an! 

 

 

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